Erst mit den Jahren, durch immer neue Sinneseindrücke, lernen Kinder, wie die Welt um sie herum beschaffen ist – etwa wie die Oberfläche einer Flüssigkeit aussieht, wie frische Luft riecht, wie sich ein Stein oder Wasser anfühlt.
Aus: GEO kompakt / Die Grundlagen des Wissens / Unsere Sinne. Wie wir die Welt wahrnehmen / Nr. 36
Gerade beschäftige ich mich aufgrund einer Fortbildung, die ich nach den Osterferien gebe „sehr sinnvoll“. Es wird im weitesten Sinne um das Material Sand, Zeichnen und die Sinne bzw. sinnliche Erfahrungen gehen. Eine Ausgabe der GEO kompakt „Unsere Sinne.
Wie wir die Welt wahrnehmen“ hält dafür einige, sehr interessante, lesenswerte und
informative Artikel rund um dieses Thema bereit.
Insbesondere den
Artikel „Wie Kinder ihre Sinne schulen“ von Ute Kehse (S.36) habe ich sehr
interessiert gelesen. Anschaulich beschreibt sie, dass die Entwicklung der
Sinne – angefangen bei einem Neugeborenen – eine der wichtigsten
Reifungsprozesse im Leben eines Menschen ist. Vor noch wenigen Jahrzehnten glaubte
man, dass die Sinnesorgane der Neugeborenen noch nicht richtig arbeiten würden.
Es galt als sicher,
dass Neugeborene kaum sehen oder hören, ja so gut wie keinen Schmerz empfinden
können. Auch dem Gehirn eines Babys trauten die Forscher nicht viel zu. Wie ein
Baby mit der Flut an Sinneseindrücke – die U. Kehse als „summendes
Durcheinander“ beschreibt - wie etwa Klängen, Stimmen, Gerüchen, Licht, Farben,
Berührungen, Wärme und Kälte umgeht, war und ist ein Rätsel.
Kein heilloses Durcheinander
Mittlerweile belegen
zahlreiche Untersuchungen, dass Neugeborene die wahrgenommenen Reize keineswegs
als heilloses Durcheinander empfinden. Ganz im Gegenteil. Klar geworden ist in
den vergangenen Jahren, dass die erste – und möglicherweise wichtigste –Phase der
Sinnesentwicklung bereits weit vor der Geburt beginnt.
Bereits wenige
Wochen nach der Befruchtung bilden sich die ersten Sinneszellen aus – die entscheidenden
Verbindungsstücke zwischen dem menschlichen Gehirn und der Außenwelt. Nervenzellen
wachsen heran, die die Sinneszellen mit dem noch winzigen Gehirn verbinden. Der
erste Sinn, der sich entwickelt, ist der Tastsinn. Auch der Geruchs- und
Geschmackssinn entwickelt sich bereits früh. Nach der Hälfte der
Schwangerschaft kann der Fötus also bereits Berührungen und Geschmacksreize
wahrnehmen. Daneben wird das Gleichgewichtsorgan im Innenohr stimuliert und
weitere Sinnesorgane gehen in Betrieb wie etwa das Ohr. Es entwickelt sich der
Hörsinn.
Kleine Mithörer
Ute Kehse beschreibt
die Entwicklung des Hörsinns sehr detailliert und anschaulich anhand der
entsprechenden Schwangerschaftswoche bis hin zu einer bestimmten Sorte an
Geräuschen, die sowohl für das Frühchen als auch für Ungeborene in den letzten
Schwangerschaftswochen besonders wichtig sind: der Klang menschlicher Stimmen,
allen voran der Tonfall der Mutter – denn der kleine Mensch hört ständig mit.
Die einzigen Sinnesorgane,
die vor der Geburt kaum stimuliert werden sind die Augen. Und doch: Obwohl
Babys nicht gut sehen, erscheint ihnen die Welt keinesfalls als Chaos. Beispielsweise
wirken Sehen und Hören von Geburt an eng zusammen, obwohl das Baby das
Miteinander der beiden unterschiedlichen Sinne im Mutterleib nicht üben konnte.
Neugierige Entdecker
In den ersten vier
Lebensmonaten macht vor allem der Sehsinn eine rasante Entwicklung durch. Selbst
sehr kleine Babys sind neugierige Entdecker und erkunden die Welt zunächst vor
allem, in dem sie beobachten. Nach etwa einem halben Jahr beginnt eine neue
Phase der Sinnesentwicklung, eine Zeit, in der ein weiterer Reiz immer
wichtiger wird: das Tasten.
Greifen und Begreifen
Durch ständiges „Greifen
und Begreifen“ lernen die Kleinen die Welt um sich herum immer besser kennen.
Anfangs sind Säuglinge noch sehr unbeholfen, wenn sie nach einem Objekt greifen
aber mit der Zeit bzw. durch Anschauung und Tasten lernen sie, ihre Bewegungen
immer besser auf die Eigenschaften des Gegenstandes einzustellen. Nach etwa
acht Monaten arbeiten der Tastsinn und die visuelle Wahrnehmung eng zusammen.
Die „Auge-Hand-Koordination“ wird immer besser.
Mit zwölf Monaten
schließlich sind die wichtigsten Entwicklungsschritte bei der Reifung der
kindlichen Sinnesorgane vollzogen. Jenes Organ, das sämtliche Informationen
auswertet, jene Schaltzentrale, die aus den unzähligen Botschaften der Haut,
Nase und Zunge, der Augen und Ohren Wahrnehmung werden lässt entwickelt sich
freilich beständig weiter. Das Gehirn.
Feinsinnige Wahrnehmung
Weiter beschreibt
Ute Kehse, dass „Lernen“ für das Denkorgan unter anderem bedeutet, zu erkennen,
was überflüssig ist – und das radikal auszulichten. Sie macht deutlich, wie
wichtig vielfältige Sinneserfahrungen im Kindesalter für das Schärfen der Wahrnehmung
sind - beispielhaft bei Geruchs- und Geschmackssinn denn Kleinkinder haben vor
allen Altersgruppen die feinsten Nasen und die empfindlichsten
Geschmacksrezeptoren. Allgemein gilt: Je vielfältiger die Eindrücke sind, je
reichhaltiger die Sinneserfahrungen, die Heranwachsende sammeln, desto
nuancierter, „feinsinniger“ wird die Wahrnehmung.
Das Gehirn rostet nicht ein
Wenn der Mensch nun
nach und nach erwachsen wird, sind die entscheidenden Weichen der
Sinnesentwicklung gestellt. Dennoch ist es nie zu spät die Sinne zu schärfen
formuliert Ute Kehse abschließend. Denn Forscher haben in den letzten Jahren
immer mehr Hinweise darauf gefunden, dass das Gehirn keineswegs einrostet (wie
Wissenschaftler lange annahmen), sondern bis ins hohe Alter formbar bleibt.
Auch wenn die Leistung der Sinnesorgane naturgemäß mit den Jahren nachlässt, lassen
sich Fähigkeiten trainieren wie etwa nahe beieinander liegende Töne zu
unterscheiden, bestimmte Muster, vielfältige Gerüche oder Muster zu erkennen.
Diese Fähigkeiten lassen sich als Erwachsene nicht nur stark verbessern,
sondern auch das altersbedingte Nachlassen der Sinnesleitungen verzögern. Hoffnungsvoll schreibt Ute Kehse dass der
Mensch also auch noch im fortgeschrittenen Alter zum Sinnesexperten werden
kann.
In dem Artikel von
Ute Kehse sind viele der hier – von mir – zusammengefassten Absätze
viel ausführlicher beschrieben. Ich habe mich bei dieser „Zusammenfassen“ recht
nah an dem Text der Autorin gehalten. In dieser Zeitschrift steck noch eine
Menge mehr wie etwa der Artikel von Sebastian Kretz, der sich damit auseinander
setzt, wie wirklich die Wirklichkeit wirklich ist. Aber dazu vielleicht ein
andermal mehr.
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