Weniger durch den Alltag hetzen, uns freundlicher
betrachten, von Sorgen nicht mehr so irritieren lassen – das hört sich doch
wunderbar an! Dieses „Übungsbuch“ richtet sich an alle, die damit anfangen
wollen, sich in Achtsamkeit zu üben und genauso für alle, die sich schon länger
mit diesem Thema beschäftigen.
Aus: Flow
Magazin / Zeitschrift / Achtsamkeit: Ein Übungsbuch / Art.-Nr. 1548066 / 2016
Die Zeit „zwischendurch“ ist für mich
etwas Kostbares! Dann kann ich meinen ganz eigenen Gedanken nachhängen, zur
Ruhe kommen – es zumindest versuchen. Wer mich kennt weiß, dass das nicht
gerade eine meiner einfachsten Übung ist. Als Mutter, Frau, Selbstständige,
Alltagsmensch habe ich – wie so viele andere auch - ein ausgeklügeltes System entwickelt
um alles möglichst gut unter einen Hut zu bekommen. Jede sich ergebene Lücke
wird ausgenutzt! Bewusst ist mir das nicht immer, denn auch dafür fehlt die
Zeit. Und dann passiert es eben, dass ich sogar die kleinen Momente zwischendurch
verplane. Beispielsweise lässt sich - die - Zeit beim Telefonieren wunderbar
nutzen um die Blumen zu gießen, aufzuräumen, die Katze zu füttern, das Essen zu
kochen, die Wäsche aufzusetzen, den Abwasch zu machen oder die Fenster zu
putzen.
Dass es auch andere „Möglichkeiten“ gibt
oder dass das vielleicht gar nicht so gut ist, wurde mir beim Lesen der Flow „Achtsamkeit:
Ein Übungsbuch“ wieder deutlich. Insbesondere der Artikel auf S. 11 „Aufmerksamkeit
für den Moment!“ hat mich zum Nachdenken gebracht – mir vielleicht sogar ein
bisschen ins Gewissen geredet. Die Autorin Jocelyn de Kwant geht der Frage auf
den Grund, warum die moderne Form der Achtsamkeit - die vor fast 40 Jahren von
dem Biologen Jon Kabat-Zinn entwickelt wurde – gerade heute so beliebt ist. Sie
beschreibt u.a., dass auch bei den griechischen Philosophen der stoischen
Schule bereits ähnliche Ideen auftauchten. „Es sind nicht die Dinge selbst, die
uns beunruhigen, sondern die Vorstellungen und Meinungen der Dinge“, sagte etwa
der Philosoph Epiktet vor fast 2000 Jahren.
J. de Kwant beschreibt „Achtsamkeit“ aus
verschiedenen Blickwinkeln und geht u.a. auch darauf ein, dass zahlreiche
Studien belegen, wie positiv diese Methode auf Menschen mit Depressionen, Ängsten
und Burn-out sowie auf Menschen ganz ohne seelische Probleme wirkt. Des Weiteren
führt sie an, dass Studien aus der Neuropsychologie zeigen, dass das Üben von
Achtsamkeit die Areale im Gehirn positiv beeinflusst, die mit der
Emotionsregulation, dem Gedächtnis, dem bewussten Denken und den körperlichen
Wahrnehmungen in Verbindung gebracht werden.
Im Abschnitt mit der Überschrift „VIEL ZU
VERARBEITEN“ zeigt sie auf, dass es natürlich vor allem gesellschaftliche
Gründe sind, die dafür sorgen, dass Achtsamkeit gerade jetzt – mal wieder - im
Trend liegt. Sie beschreibt, dass Achtsamkeit genau das zu sein scheint, was unseren
Bedürfnissen entgegenkommt. Konzentrierte Aufmerksamkeit, eine der Basisprinzipien
der Achtsamkeit, ist noch nie zuvor so schwer zu erreichen gewesen.
Interessant war auch zu lesen, dass der US-Neurowissenschaftler
Daniel Levitin sagt, dass die Menge an Informationen, die wir täglich
aufnehmen, fünfmal größer ist, als noch vor 20 Jahren. Laut Levitin leiden wir
deshalb unter einem chronischen überbelasteten Aufmerksamkeitssystem. „Wir
werden den ganzen Tag mit Unmengen an Informationen konfrontiert, die wir
behalten müssen. Und mit zahlreichen Dingen, die wir beachten müssen.“
J. de Kwant schreibt weiter, dass erschwerend
hinzukommt, dass wir neue Informationen grundsätzlich für besser und wichtiger
halten als alte. Deshalb messen wir frisch eingetroffenen Mails und Nachrichten
große Bedeutung zu, was zu Lasten unserer Konzentration geht. Levitin: Die
Verarbeitung dieser riesigen Informationsmengen hat ihren Preis. Die Neuronen
im Gehirn haben ja im Grunde einen Stoffwechsel wie alle anderen Zellen. Wenn
sie hart gearbeitet haben, fühlen wir uns erschöpft. Jedes Status-Update, das
man auf facebook liest, jede SMS ist ein erneuter Angriff auf die Grundstoffe,
die das Gehirn braucht, um ein Gespräch zu führen oder Auto zu fahren. Zugleich
sind die Momente, in denen wir auftanken, seltener geworden. Ein Arbeitstag hat
kein klar abgegrenztes Ende mehr, wir arbeiten oft noch am Abend oder am
Wochenende.
Da wundert es – mich - nicht, wenn im
folgenden Absatz dann beschrieben wird, dass die Freizeit noch durch ein
weiteres Phänomen reduziert wird, dass Levitin als „Schattenarbeit“ bezeichnet:
Zahlreiche Aufgaben, die früher Dienstleister erledigten, müssen wir durch die
Digitalisierung nun selbst übernehmen. „Einchecken am Flughafen oder Gemüse
scannen: Früher erledigte das ein Mitarbeiter für uns. Man hat ausgerechnet,
dass wir inzwischen bereits fünf Stunden pro Woche Schattenarbeit leisten, für
die wir nicht bezahlt werden und die wir überdies vergessen, als Arbeit
mitzuzählen.“
Kurzum: Wir haben ständig das Gefühl, den
Aufgaben und Informationen hinterherzuhinken, und versuchen das zu lösen, indem
wir die Dinge gleichzeitig tun. „Doch Multitasking, wie wir es uns gern
vorstellen, gibt es nicht“ sagt Levitin. In der Hirnforschung ist man sich
einig, dass wir immer nur blitzschnell von einer zur anderen Aufgabe schalten
können. „Es ist also kein Wunder, dass wir abends so müde sind“, meint Levitin.
Und dass wir Probleme haben, uns zu konzentrieren.
Mir sind da natürlich gleich die Kinder in
den Kopf gekommen mit ihren Handys & Co – ständig und überall beschäftigt bzw.
abgelenkt. Aber wenn wir dann über uns selber nachdenken, sollte uns schon klar
sein, dass wir es ihnen in gewisser Art und Weise ja genauso vor machen. Denn
zur Ruhe zu kommen, den eignen Gedanken nachzuhängen oder mal keinen Plan zu
haben, ist heute nicht so angesagt.
Also ich habe dieses Buch aufmerksam
gelesen und nehme es gerne immer wieder in die Hand. Neben den Artikeln und
Interviews bietet dieses FLOW-Extra viele Seiten zum Ausfüllen, Ausmalen,
kleine Übungen und Selbsttest.
Am besten schaut ihr euch die Ausgabe selber einmal an. Ob sie noch in Zeitschriftenläden erhältlich ist, kann ich nicht sagen. Gekauft habe ich sie mir im Oktober letzten Jahres. Ihr könnt aber in jedem Fall unter www.flow-magazin.de und dann weiter über den
„Flow Shop“ / „Einzel- und Sonderhefte“ / „Sonderhefte“ schauen. Dort ist sie für 12,95 € zu haben und zu bestellen.
Schnell
noch ein Blick auf die Hauptthemen dieses Extras:
Warum
nehmen wir unsere Gedanken so ernst?
Warum
haben wir so oft das Gefühl, keine Zeit zu haben?
Warum
sind wir nicht netter zu uns selbst?
Warum
haben wir Angst vor allem, was neu ist?
Warum
wollen wir ständig glücklich sein?
Warum
ist uns das tun oft wichtiger als das Sein?
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